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Phallische Phase: Den Geschlechterunterschied erkennen

Mädchen oder Junge – wer und was bin ich eigentlich? Typisch für die phallische Phase ist, dass sich Kinder genau diese Fragen stellen. In der Entwicklungsphase wächst ihr Interesse an der Geschlechtsidentität.

Phallische Phase: Den Geschlechterunterschied erkennen
Die phallische Phase wird auch als ödipale Phase bezeichnet: Kinder sehen ein Elternteil jetzt als Rivalen
© iStock.com/Nadezhda1906

Kinder bemerken schon um das zweite Lebensjahr herum, dass es einen körperlichen Unterschied zwischen Mädchen und Jungen gibt. Viele wissen bereits, dass Mädchen eine Scheide und Jungen einen Penis haben. Was in diesem Alter allerdings noch ein ungelöstes Rätsel ist: Ob das wohl für immer so bleibt? Manche Mädchen fragen, ob ihnen noch ein Penis wächst und einige Jungen sind sich nicht sicher, ob ihnen das Glied, ähnlich wie die Haare oder die Fingernägel, wieder abgeschnitten wird. Erst zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr – in der phallischen Phase – wächst das Bewusstsein für das eigene Geschlecht. In diesem Alter erkennen die Kinder, dass sich an ihrem Geschlecht nichts mehr ändern wird. Jetzt beschäftigt sie vor allem der Unterschied zwischen Mädchen und Jungen. Die kindliche Sexualität entwickelt sich und sie fangen an, ihren eigenen Körper zu erkunden – dazu gehört auch die kindliche Selbstbefriedigung.

Die phallische Phase geht auf die Entwicklungspsychologie nach Sigmund Freud zurück. „Phallus“ ist aus dem griechischen abgeleitet und bedeutet Penis/männliches Glied. Während in der oralen Phase der Mund und in der analen Phase die Ausscheidungsorgane die Quellen der Lustempfindung waren, sind es nach Freud in der phallischen Phase die Geschlechtsorgane.

Ödipus- und Elektrakomplex: Die gegengeschlechtliche Anziehungskraft

Die phallische Phase wird auch als ödipale Phase bezeichnet. Dieser Begriff geht auf eine Sage der griechischen Mythologie zurück. Ödipus heiratete seine Mutter und tötete seinen Vater. Für den Vatermord und die Inzucht musste er Strafen erleiden. Übertragen auf die Entwicklungspsychologie ging Freud davon aus, dass Kinder je nach Geschlecht eine Rivalität mit dem Vater bzw. der Mutter austragen, um die Gunst der Mutter bzw. des Vaters zu bekommen.

Tatsächlich herrscht in dem Alter eine gegengeschlechtliche Anziehung in der Familie.

Kinder fühlen sich zum Elternteil des anderen Geschlechts hingezogen. Mädchen umgarnen ihre Väter und möchte diese später am liebsten heiraten. Sie buhlen mit ihren Müttern um die Aufmerksamkeit und Zuneigung ihrer Väter. Jungen fühlen sich zu ihren Müttern hingezogen und betrachten die Väter als Konkurrenz.

Phallische Phase: Penisneid und Kastrationsangst

Sigmund Freud stellte fest, dass Jungen und Mädchen in der phallischen Phase unterschiedliche, unterbewusste Kämpfe austragen. Mädchen würden erkennen, dass ihnen „etwas fehlt“ und deshalb unter Penisneid leiden. Jungen hätten hingegen Kastrationsangst. Weil sie insgeheim Aggressionen gegen den Vater hegen und die Mutter erobern wollen, hätten sie Angst vor einer Bestrafung – zum Beispiel, dass man ihnen den Penis oder andere Körperteile abschneidet. Heute ist die Existenz dieser beiden Phänomene nicht mehr eindeutig erkennbar. Einige Experten gehen davon, dass sie aufgrund des kulturellen Hintergrunds zu Sigmund Freuds Lebzeiten entstanden, heute jedoch veraltet sind.

Identifikation mit dem eigenen Geschlecht: Das Ende der phallischen Phase

Kinder merken natürlich, dass ihre Wünsche in Bezug auf das Elternteil nicht erfüllt werden können und Mutter und Vater schon einander gehören. Durch die kindliche Eifersucht kann es in der phallischen Phase dadurch erst einmal zu familiären Konflikten kommen. Allerdings handelt es sich hierbei nur um eine Durchgangsphase. Schon bald folgt beim Kind die Erkenntnis: „Wenn ich später einmal groß bin, möchte ich werden wie Papa/Mama und dann kann auch ich so eine Frau/einen Mann haben wie mein Vater/meine Mutter.“ Jetzt beginnt sich das Kind, mit dem eigenen Geschlecht zu identifizieren. Mädchen möchten dann wie ihre Mütter sein, Jungs wie ihre Väter. Dieser Wunsch geht nicht selten mit Schuldgefühlen einher – schließlich haben die Kinder noch kurz zuvor „geheime“ aggressive Gefühle gegenüber diesem Elternteil gehegt.

Kindliche Sexualität in der phallischen Phase

Typisch für die phallische Phase ist, dass Kinder sich gezielt für den eigenen Körper interessieren und ihre Geschlechtsorgane erforschen. Es ist ganz normal, wenn sie sich jetzt selbst berühren und ihren Körper auf diese Weise erkunden. Sie finden heraus, dass es schöne Gefühle erzeugt, wenn sie ihre Geschlechtsteile berühren. Eltern müssen sich deshalb keine Sorgen machen. Auch das andere Geschlecht wird bei den sogenannten Doktorspielen genau unter die Lupe genommen. Für Kinder ist das ein Spiel, welches durch die Neugier entsteht. Kindliche Sexualität hat nichts mit der Sexualität der Erwachsenen zu tun.

Die Bedeutung der phallischen Phase für die Entwicklung

In der phallischen Phase lernen Kinder mit Rivalität und Neid umzugehen. Sigmund Freud fand heraus, dass es wichtig sei, den Ödipuskomplex in der phallischen Phase zu lösen, um im Erwachsenenalter nicht darunter zu leiden.

Mit der Identifizierung des eigenen Geschlechts werden Werte, Normen und Verhaltensweisen der Geschlechterrolle übernommen. Wenn Eltern ihren Kindern keine stereotypischen Rollenbilder vorgeben, entwickeln sie eine unvoreingenommene, eigene Geschlechtsidentität. Sie können erkennen, dass Mädchen und Jungen gleichwertige Wesen sind. Allerdings leisten dazu natürlich nicht nur die Eltern einen Beitrag: Kinder beobachten auch das Geschlechterverhalten von anderen Kindern und erfahren selbst durch Bilderbücher, Zeitschriften und Fernsehen viel über die Rollenverteilung.

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