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Kindliche Entwicklung nach Sigmund Freud

Anale Phase: Das erste Mal trotzig sein

Du bekommst gerade nur „Ich will nicht!“ und „Nein!“ von deinem Kind zu hören? Dann heißt Sigmund Freud deinen Nachwuchs jetzt in der analen Phase willkommen. Was dich laut dem berühmtesten Psychoanalytiker nun erwartet und wie du bei den typischen Trotzanfällen gelassen bleibst.

Kleiner Junge staunt auf dem Töpfchen
© shutterstock/Lopolo

Kurzübersicht: Anale Phase

Definition: Die anale Phase nach Sigmund Freud wird auch als erste Trotzphase bezeichnet, denn nun zeigen die Kinder erstmals ihren eigenen Willen. In dieser psychosexuellen Entwicklungsphase lernen Kinder, ihre Ausscheidungsfunktionen zu beherrschen und erlangen dadurch neues Selbstvertrauen.

Gründe: Kinder in der analen Phase können ihre Schließmuskeln kontrollieren und über das Ausscheiden ihres Stuhlgangs selbst entscheiden. Das ist für sie eine neue Erfahrung, die ihr Selbstvertrauen stärkt: Nun sind sie zum ersten Mal in einem Bereich vollkommen selbstständig.

Alter: Etwa zwischen dem zweiten und dem vierten Lebensjahr befinden sich Kinder in der analen Phase.

Anzeichen: Ihr neu gewonnenes Selbstvertrauen und das Gefühl der Selbstständigkeit stellen Kinder in der analen Phase auf die Probe. Sie grenzen sich zum Beispiel von den Eltern ab, indem sie öfter Nein sagen. Gleichzeitig stoßen Kinder dabei an ihre Grenzen und befinden sich im Zwiespalt zwischen Freiheitsbedürfnis und Verbundenheit zu den Eltern. Diese Gefühlslage äußert sich oft in Form von Trotzanfällen.

Bedeutung: Die innere Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen ist ein wichtiger Prozess in der kindlichen Entwicklung. Eine trotzige Phase ist daher ganz normal und sollte von den Eltern liebevoll begleitet werden.

Hilfe: Eltern müssen in dieser Phase viel Geduld und Verständnis aufbringen. In bestimmten Situationen kann es hilfreich sein, dem Kind durch Mitbestimmung das Gefühl zu geben, dass es Teil der Entscheidung ist. So bekommt es nicht das Gefühl, die Eltern würden ständig über seinen Kopf hinweg entscheiden.

Artikelinhalte im Überblick:

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Was ist die anale Phase?

Der Begriff „anale Phase“ („anal“ = den After betreffend) geht auf die Entwicklungspsychologie nach Sigmund Freud zurück. Gemäß der Theorie aus der Psychoanalyse lernen Kinder in der Zeit der analen Phase, ihre Ausscheidungsfunktionen zu beherrschen. Die neu erworbenen Kompetenzen erlauben es dem Kind zum ersten Mal, Kontrolle über den eigenen Körper zu bekommen. Durch das bewusste Halten und Loslassen von Urin und Stuhlgang macht das Kind die Erfahrung der Selbstbestimmung.

Der analen Phase geht die sogenannte orale Phase voraus. In dieser Phase machen Kinder ihre sinnlichen Erfahrungen vor allem über den Mund („oral“ = Mund). Deshalb wird der Mund in dieser Phase der psychosexuellen Entwicklung auch als erogene Zone („erogen“ = erregbar, reizbar) bezeichnet. In der analen Phase verschiebt sich die erogene Zone vom Mund zum Anus, da die Kinder „Lust“ an dem Halten und Ausscheiden ihres Stuhlgangs empfinden.

Warum erleben Kinder eine anale Phase?

Laut Freud ist die anale Phase ein wichtiger Bestandteil der psychosexuellen Entwicklung des Menschen. Dass Kinder ihre Muskeln beherrschen und über das Ausscheiden ihres Stuhls selbst entscheiden können, ist für sie eine besondere Erfahrung. Sie gewinnen in der analen Phase Selbstvertrauen und wollen die Möglichkeiten ihrer Selbstständigkeit ausprobieren.

Die anale Phase wird auch als erste In unserem Artikel zur Autonomiephase geben wir dir praktische Alltagsratschläge, um schwierige Situationen zu meistern bezeichnet, denn die Kleinen möchten am liebsten nur noch ihren eigenen Willen durchsetzen. Aber sie merken schnell, dass ihrem Freiheitsdrang die Bedürfnisse der Eltern gegenüberstehen und nicht alle Wünsche einfach erfüllt werden können.

In welchem Alter beginnt die anale Phase?

Wie lange die anale Phase dauert, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Meist beginnt die Entwicklungsphase etwa mit zwei Jahren und die Kinder sind mit etwa vier Jahren aus dem Gröbsten heraus.

Nach dem Phasenmodell von Sigmund Freud kommen Kinder im Alter von drei Jahren auch in die „ödipale/phallische“ Phase. Hier erleben sie den Unterschied zwischen den Geschlechtern und nehmen ihre Geschlechtsteile bewusster wahr. Laut Sigmund Freud kommen in dieser Phase unter anderem Themen wie Penisneid auf, einige Expert*innen sehen solche Theorien heute allerdings als veraltet an.

Die psychosexuelle Entwicklung in diesem Alter hat außerdem noch nichts mit der Sexualität von erwachsenen Menschen zu tun. Erst etwa zwischen dem zwölften und dem 18. Lebensjahr tauchen Kinder in die „genitale“ Phase (Pubertät) ein und sind das erste Mal daran interessiert, sexuelle Beziehungen zur Befriedigung der Lust einzugehen.

Anzeichen der analen Phase: So erkennst du sie

Ist dein Kind in der analen Phase? Auf diese Anzeichen solltest du achten:

  • Der Machtkampf beginnt: Wenn Eltern damit anfangen, Regeln einzuführen und ihr Kind im Zuge der Sauberkeitserziehung vom Töpfchen begeistern wollen, stößt das meist auf Widerstand. Schnell wirst du bemerken, dass sich der Drang nach Selbstbestimmung in der analen Phase auch auf andere Lebensbereiche überträgt: Kuscheltiere werden nicht mehr hergegeben und das Zimmer darfst du nicht mehr betreten.

  • Im Zwiespalt der Gefühle: Die anale Phase ist eine Zeit, in der das Kind den Wunsch nach Autonomie und Getrenntsein hegt. Gleichzeitig möchte es aber weiterhin die Nähe der Eltern genießen und von ihnen versorgt werden. Dein Kind macht in der analen Phase einen innerlichen Konflikt durch. Es muss erst noch lernen, dass es selbstbestimmt handeln kann, ohne die vertraute Geborgenheit aufgeben zu müssen und die Eltern dadurch zu verlieren. Neben seinen Stärken ist es auch mit seinen Schwächen konfrontiert und stößt immer wieder an seine körperlichen Grenzen. Freud und Leid liegen in der analen Phase dicht beieinander – dieses Wechselbad der Gefühle macht sich durch Trotz bemerkbar.

  • „Ich“ und „mein“ – die wichtigsten Wörter der analen Phase: Zu Beginn der Sprachentwicklung reden Kinder von sich noch in der dritten Person. Bezeichnet dein Kind sich selbst als „Ich“, ist ein wichtiger Entwicklungsschritt getan: Nun hat dein Nachwuchs das Bewusstsein erlangt, dass es eine eigenständige Person ist. Auch das kleine Wörtchen „mein“ bekommt in der analen Phase eine besondere Bedeutung. Wahrscheinlich wirst du dieses Wort öfter zu hören bekommen, wenn dein Kind etwas nicht mehr hergeben möchte oder nicht gerne mit anderen Kindern teilt. Hinter diesem Ausdruck steckt der Wunsch nach Abgrenzung.

  • Nein, nein und nochmals nein: Noch öfter als „mein“ wird dein Kind in der analen Phase „Nein“ sagen. Dieses alterstypische Verhalten kann ganz schön nervig sein und bringt Eltern beim Essen, in der Kita oder auf dem Spielplatz regelmäßig zum Verzweifeln. Hinter dem Nein deines Kindes steckt wieder der Wunsch, den eigenen Willen durchzusetzen. Das Kind muss lernen, dass es Dinge gibt, über die es nicht selbst entscheiden kann.

  • Befehlston: Die anale Phase ist davon geprägt, dass Kinder immer wieder versuchen, ihre Umwelt zu beherrschen. Sie lernen, dass sie eigenständige Menschen sind, die sich von ihren Eltern ablösen. Auf der einen Seite kann diese Trennung sehr reizvoll sein und die Kinder fordern das Alleinsein sogar ein. Auf der anderen Seite macht es ihnen in einigen Momenten auch Angst. Dann versuchen sie ein Stück ihrer Verbundenheit wieder zu erlangen, indem sie den Eltern etwas befehlen.

Bedeutung: Wie wichtig ist die anale Phase?

Dass Kinder sich in der analen Phase mit dem Ich und den eigenen Gefühlen auseinandersetzen, ist wichtig für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit.

Kinder sollten die anale Phase nicht mit negativen Äußerungen der Eltern verbinden. Das Zurückhalten und Entleeren der Ausscheidungen löst bei Kindern schöne Gefühle aus. Schimpfe nicht und zeige keinen Ekel, wenn beim Geschäft mal etwas schiefgeht. Es besteht sonst die Gefahr, dass dein Kind seinen Genitalbereich selbst als ekelhaft empfindet und sich schämt.

Auch zu strenge und zu frühe Sauberkeitserziehung wird nicht empfohlen. Man kann Kinder beim Sauberwerden zwar unterstützen, sie aber nicht trainieren. Eine übermäßige Reinlichkeitserziehung könnte später zu Problemen wie einer Zwangsstörung führen.

Anale Phase: Was tun?

Doch wie verhält man sich am besten, wenn das Kind im Sandkasten spielt und sich mit einem beharrlichen „Nein“ dagegen wehrt, nach Hause zu gehen? Je nach Situation und individuellem Charakter des Kindes können die Lösungsversuche unterschiedlich aussehen. Hier einige Beispiele als Anregungen für dein Verhalten:

  • Geduldig sein: Versuche, das erste „Nein“ ein paar Minuten wirken zu lassen und stelle dann erneut deine Frage. Wahrscheinlich wird die Antwort deines Kindes schon etwas milder ausfallen.

  • Mitbestimmen lassen: Kinder lieben es, in diesem Alter kleine Entscheidungen zu treffen. Du kannst deinem Nachwuchs eine Auswahl anbieten, damit es sich nicht gegen deine Ansagen wehrt. Frage zum Beispiel nach, ob es lieber mit dem Bus nach Hause fahren möchte oder noch ein Stückchen zu Fuß gehen mag. So gibst du deinem Kind das Gefühl, selbst wählen zu können, statt über es zu bestimmen.

  • Selber machen lassen: Dein Kind möchte sich die Schuhe selbst anziehen? Unterstütze es dabei, selbst einige Tätigkeiten auszuführen – auch wenn es länger dauert. Kleine selbstständige Aufgaben wie das Decken des Tisches machen Kinder außerdem stolz und bestärken sie in ihrer Selbstständigkeit.

  • Ja-Umgebung schaffen: Gibt es immer wieder Ärger um die selben Themen, kannst du im Vorhinein versuchen, diese zu entschärfen. Ein Beispiel: Achte darauf, dass an der Garderobe deines Kindes nur Sachen hängen und bereitliegen, die zur Jahreszeit passen. So erübrigt sich der Streit um die Gummistiefel im Hochsommer oder die dünne Jacke im Winter.

  • Wünsche richtig interpretieren: „Hol mir das Auto!“ – solchen Wünschen kann natürlich nicht immer nachgegeben werden. Manchmal ist der Befehlston aber ein Signal dafür, dass das Kind sich nur seiner Verbundenheit versichern will. Sei als Elternteil der sichere Hafen und setze das Zeichen, dass ihr trotz Getrenntsein miteinander verbunden seid.

  • Teilen nicht erzwingen: Dein Kind will ein Spielzeug nicht zurückgeben oder sein Buch nicht mit dem Besuchskind teilen? Vermeide unbedingt, ihm das Objekt der Begierde aus der Hand zu reißen, denn dies würde das falsche Signal setzen. Wenn dein Kind auf gutes Zureden (noch) nicht reagiert, kannst du dich in der Zwischenzeit dem wartenden Kind widmen. Oder du fragst dein Kind nach einer Lösung für das Dilemma. Manchmal hilft es auch, zeitliche Autonomie zu signalisieren: "Wir wechseln uns mit diesem Spielzeug ab. Bitte sag Bescheid, wenn du so weit bist!"

  • Grenzen abstecken: Vereinbare mit deinem Kind einen Rahmen, in dem es sich frei bewegen und entscheiden darf. Vermittle ihm, dass es aber Bereiche gibt, in denen du als erwachsener Mensch die Entscheidungen treffen musst.

Du möchtest noch mehr Tipps dazu bekommen, wie du mit Wutanfällen in der Trotzphase deines Kindes am besten umgehst? Dann lies hier weiter: In unserem Artikel zur Autonomiephase geben wir dir praktische Alltagsratschläge, um schwierige Situationen zu meistern.

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