Baby-led Weaning (BLW): Wenn das Baby selbst vom Familientisch isst
Beim Baby-led Weaning bestimmt Ihr Baby selbst, wann es bereit für Beikost ist und nimmt statt Brei von Anfang an feste Nahrung am Familientisch zu sich. Doch wie sinnvoll ist eine solche Ernährung?
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Das Ernährungskonzept des Baby-led Weaning wurde von Gill Rapley, einer britischen Hebamme und Stillberaterin, entwickelt. Es beruht auf der Annahme, dass Babys selbst entscheiden können, wann sie welche Lebensmittel zu sich nehmen. Nicht die Eltern sollen mit der Breifütterung über ihr Baby und seine Nahrungsaufnahme bestimmen, sondern es selbst hat die Kontrolle darüber, was es essen möchte. Durch eine solche Ernährung soll die individuelle Entwicklung der Kinder gefördert werden.
Artikelinhalte auf einen Blick:- Definition
- Beginn
- Anzeichen für den Einstieg
- Anleitung zum Baby-led Weaning
- Baby-led Weaning und Muttermilch
- Geeignete Lebensmittel
- Verschlucken verhindern
- Vorteile
- Nachteile
Definition: Was ist Baby-led Weaning?
Baby-led Weaning (BLW) bedeutet so viel wie "vom Baby geführtes Entwöhnen". Mit Entwöhnung ist hier die allmähliche Umstellung der Ernährung von Muttermilch oder Milchersatz zu Normalkost gemeint. Wie beim Laufen, Krabbeln oder Sprechen soll das Baby auch bei der Nahrung instinktiv entsprechend seiner eigenen Fähigkeiten die Führung übernehmen. Statt gefüttert zu werden, nimmt es unaufgefordert direkt feste Nahrung in Form von Fingerfood zu sich. Da gesunde Babys schon an der Brust von alleine trinken, soll das eigenständige Essen nicht durch die Fütterung von Brei unterbrochen werden.
Beginn: Wann wird mit Baby-led Weaning gestartet?
Baby-led Weaning findet in den Anfangsmonaten statt, in denen Babys das erste Mal feste Nahrung aufnehmen. In dieser Zeit übernehmen Eltern normalerweise die entscheidende Rolle bei der Einführung von Beikost: Sie erkennen, wann das Baby bereit für den ersten Brei ist und beginnen damit, es (manchmal unter erheblichem Widerstand) mit dem Löffel zu füttern. Beim Baby-led Weaning wird diese Entscheidung dem Baby selbst überlassen.
Das Prinzip des Baby-led Weaning geht davon aus, dass Babys ab dem sechsten Lebensmonat dazu in der Lage sind, selbst zu essen. Die Mahlzeiten sind in diesem Alter noch ein Spiel, bei dem die Nahrung erforscht und damit experimentiert wird. Sie haben nichts mit Hungergefühl und der damit verbundenen Nahrungsaufnahme zu tun. Die Kost soll die Milch nicht ersetzen, sondern anfangs nur ergänzen. Nach und nach lernt das Baby zu beißen und zu kauen – erst mit dem Gaumen, dann mit den Zähnen – sodass es die Nahrung schon bald schlucken wird.
Anzeichen: Wann ist das Baby für Baby-led Weaning bereit?
Es gibt eine Reihe von Anzeichen, an denen Sie erkennen, dass Sie Ihrem Baby feste Nahrung anbieten können:
- Ihr Baby sitzt frei oder nur leicht gestützt.
- Es greift nach Dingen und nimmt diese schnell und zielsicher in den Mund.
- Ihr Kind kaut an seinem Spielzeug und macht kauende Bewegungen.
- Ihr Baby schiebt sich selbst Essen in den Mund.
Anleitung zum Baby-led Weaning: Wie funktioniert die Beikostmethode?
Damit das Baby-led Weaning funktioniert, gibt es einige Empfehlungen zur Ernährung, die zu beachten sind:
- Gemeinsame Familienmahlzeiten: Das Baby soll üben, eigenständig zu essen, deshalb sitzt es von Anfang an mit am Familientisch. Die natürliche Neugier und der Nachahmungstrieb wecken das Interesse daran, Lebensmittel in den Mund zu nehmen.
- Fingerfood bereitlegen: Legen Sie eine Auswahl von verschiedenen Häppchen in die Reichweite des Kindes. Was das Baby damit macht, ist ihm überlassen. Sie geben Ihrem Kind die Gelegenheit zum Ausprobieren, aber die Kontrolle darüber hat das Baby ganz alleine.
- Richtig kommunizieren: Sie können mit Ihrem Nachwuchs über das Essen sprechen, sollten ihn aber weder auffordern, noch loben oder tadeln.
- Gelassen bleiben: Auch wenn Baby-led Weaning am Anfang eine große Schweinerei ist, sollten Sie immer ruhig bleiben. Dass Babys erst einmal für Chaos am Tisch sorgen, ist normal. Wenn das Kind übt, wird es mit der Zeit geschickter.
- Signale erkennen: Babys haben ein natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl, das von Ihnen nicht ignoriert werden sollte.
Baby-led Weaning und Muttermilch: Wann soll die Milchmenge reduziert werden?
Nach der Methode des Baby-led Weaning sollte die Milchmenge zwischen dem sechsten und neunten Lebensmonat etwa unverändert bleiben. Das heißt: Es wird weiterhin gestillt oder die Flasche gegeben. Parallel zur Muttermilch oder zur Milchersatznahrung kann dann immer mehr feste Nahrung in den Speiseplan integriert werden. Etwa ab dem neunten Monat wird die Milchmenge reduziert und es erfolgt schrittweise die Umstellung auf Normalkost. Den konkreten Zeitpunkt bestimmt das Kind beim Baby-led Weaning selbst.
Wann weniger gestillt oder Abstillen werden kann, ist von Kind zu Kind verschieden. Manche Babys fangen schon mit sechs Monaten an, das angebotene Essen zu schlucken, andere haben bis zum achten Monat immer noch wenig Interesse an der Nahrung.
Baby-led Weaning-Rezepte: Welche Lebensmittel sind geeignet?
Es liegt in Ihrer Verantwortung, Ihrem Kind eine ausgewogene und gesunde Ernährung zu ermöglichen. Bieten Sie anfangs nur eine kleine Auswahl an Lebensmitteln an, damit Ihr Baby nicht abgeschreckt wird. Geben Sie Ihrem Kind auch nicht zu viel auf einmal, sondern halten Sie lieber Nachschub bereit.
Generell kann Ihr Baby die gleichen frisch zubereiteten Speisen essen, wie Sie selbst am Familientisch. Sie müssen also nicht extra kochen. Achten Sie aber darauf, dass die Nahrungsmittel für die Kinder nicht oder nur sehr wenig gewürzt und gesüßt sind.
Wählen Sie für das Baby-led Weaning Lebensmittel, die leicht und sicher zu greifen sind:
- gedämpftes Gemüse wie grüne Bohnen oder Zuckererbsen, Blumenkohl- und Brokkoliröschen
- Gemüsesticks aus gedämpften, gekochten oder gebratenen Kartoffeln, Möhren, Zucchini oder Auberginen
- Hühnchen (in Streifen oder am Schenkelknochen)
- schmale Rind- oder Lammstreifen
- Obst wie Birne, Apfel oder Banane
- Brotsticks oder Toast-Streifen
Ist die Experimentierfreude später stärker, können Sie Ihrem Kind auch selbst gemachte, gewürzarme Frikadellen, Hamburger oder Falafel anbieten. Vermeiden Sie salz- oder zuckerhaltige Lebensmittel.
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Verschlucken: Droht beim Baby-led Weaning Gefahr?
Bei Babys ist die Erstickungsgefahr zwar gering, weil der Würgereflex viel weiter vorne sitzt als bei Erwachsenen und sie zu große Stücke wieder ausspucken, lassen Sie Ihr Kind beim Essen trotzdem nie alleine.
Nahrungsmittel, bei denen aufgrund von Größe und Form eine Erstickungsgefahr besteht, sind fürs Baby-led Weaning sowie für die allgemeine Ernährung von Kleinkindern ungeeignet. Kleine, runde Lebensmittel, die in etwa die Form einer Erdnuss haben, sollten daher nicht auf dem Speiseplan stehen. Dazu gehören zum Beispiel Nüsse oder Kirschen mit Kern. Auch Trauben oder Cocktailtomaten bergen Gefahren und sollten daher zuvor halbiert werden.
Achten Sie außerdem darauf, dass Ihr Baby in der Wange keine Nahrungsmittel hamstert, bevor es nach dem Essen spielen oder schlafen geht.
Welche Vorteile bietet Baby-led Weaning?
Nach den Angaben von Gill Rapley, der Erfinderin des Baby-led Weaning, hat dieser Beikostweg einige Vorteile:
- Dem Baby macht das Essen Spaß, es kann wichtige Fähigkeiten üben und selbst tätig werden. Dabei lernt es viel, gewinnt an Selbstvertrauen und bekommt eine gesunde Einstellung zum Essen und Ausprobieren.
- Babys ahmen das Verhalten am Tisch nach und sind später schneller mit dem Umgang von Besteck und Tischmanieren vertraut.
- Typische Fütterspiele wie "Hier kommt ein Vögelchen ..." werden unnötig, weil die Eltern im Gegensatz zum Füttern von Brei mit dem Löffel nicht auf Widerstand stoßen.
- Da das Baby isst, was auch bei der Familie auf dem Tisch landet, ist Baby-led Weaning eine preiswerte Alternative zur Fütterung von Brei.
Allgemein wird die frühe Gewöhnung an vielfältige Lebensmittel übrigens durchaus positiv eingeschätzt. In den Handlungsempfehlungen zur "Ernährung und Bewegung von Säuglingen und stillenden Frauen" der Initiative "Gesund ins Leben - Netzwerk Junge Familie" heißt es aber, dass es bisher keine Studien gibt, die belegen, dass Baby-led Weaning im Vergleich zur Fütterung von Brei ein langfristig gesünderes Ernährungsverhalten fördern kann.
Kritik: Ist Baby-led Weaning gefährlich?
Für eine gesunde Entwicklung ist die richtige Energie- und Nährstoffzufuhr sehr wichtig. Dass es mit dem Baby-led Weaning zu einem Nährstoffmangel kommt, kann allerdings nicht ausgeschlossen werden.
Kinder brauchen ab dem siebten Lebensmonat, über die in der Muttermilch enthaltenen Inhaltsstoffe hinaus, zusätzliche Nährstoffe, die mit dem Beikostplan für das erste Lebensjahr optimal abgedeckt sind. Die Empfehlung des Netzwerks "Gesund ins Leben" lautet daher folgendermaßen: "Eltern sollten sich in der Beikost weiterhin an dem bewährten und sicheren Ernährungsplan orientieren."
Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V. rät von Baby-led Weaning als Form der Ernährung ab. "So kann es zum Beispiel sein, dass das Kind nicht genug Eisen aufnimmt. Denn die Eisenspeicher der Babys sind schon kurze Zeit nach dem Abstillen praktisch leer. Wenn das Kind dann nur an einem Stück Fleisch saugt, bekommt es kaum Eisen. Außerdem kann es sein, dass ein motorisch ungeschicktes Kind bei dem Fingerfood-Konzept nicht richtig satt wird. Oder dass es sich an einem Stück Gemüse oder Obst verschluckt", so Dr. Josef Kahl, Pressesprecher des Verbands.
Die Experten schließen Fingerfood deshalb aber nicht gänzlich aus: Zusätzlich zum Brei sollen dem Baby nährstoffreiche Lebensmittel in Stücken angeboten werden, um gesunde Ernährung spielerisch mit allen Sinnen zu entdecken. Fingerfood stellt außerdem eine Option dar, wenn Babys den Brei konsequent verweigern.
Für wen ist Baby-led Weaning ungeeignet?
Baby-led Weaning basiert auf einer normalen Säuglingsentwicklung. Bei einer verzögerten Entwicklung, Allergien, Frühgeburten oder Fehlbildungen des Mundes, der Arme oder des Rückens kann das Füttern von Brei mit dem Löffel vorteilhafter sein. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass feste Nahrung trotzdem zusätzlich angeboten wird. Bevor Sie sich für Baby-led Weaning entscheiden, sollten Sie grundsätzlich mit Ihrem Kinderarzt sprechen.