Mehrlingsschwangerschaft: Anzeichen und Wahrscheinlichkeit für Zwillinge oder Drillinge
Mehrlingsschwangerschaften, bei denen zwei oder mehr Kinder in der Gebärmutter heranwachsen, kommen relativ selten vor. Doch wann und wie erkannt man, ob eine Frau mit Zwillingen oder Drillingen schwanger ist? Welche Besonderheiten gibt es bei einer Mehrlingsschwangerschaft? Wir beantworten dir die wichtigsten Fragen zu Anzeichen, Wahrscheinlichkeit und Risiken.
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Artikelinhalt im Überblick:
- Wie hoch ist Wahrscheinlichkeit für Zwillinge?
- Wie kommt es zu Mehrlingsschwangerschaft?
- Zwillingsschwangerschaft
- Anzeichen für eine Zwillingsschwangerschaft
- Schwanger mit Zwillingen: Wann erkennbar?
- Wie verläuft eine Mehrlingsschwangerschaft?
- Welche Komplikationen können auftreten?
- Behandlung während Mehrlingsschwangerschaft
- Wann beginnt Mutterschutz bei Mehrlingsschwangerschaft?
- Was erwartet Frauen bei der Geburt mit Zwillingen?
- Das sollten werdende Mehrlingsmamas wissen
- Was steht Eltern von Zwillingen zu?
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, mit Zwillingen schwanger zu werden?
Nach der Hellin-Regel ist eine von 85 Schwangerschaften eine Zwillingsschwangerschaft, eine unter 7.000 eine Drillingsschwangerschaft und eine unter 600.000 eine Vierlingsschwangerschaft. Die Zahl der Mehrlingsschwangerschaften hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings erhöht, was unter anderem auf vermehrte Hormonbehandlungen und künstliche Befruchtung zurückzuführen ist. So beziffern aktuelle Zahlen die Quote von Zwillingen auf eine von 54 Schwangerschaften.
Laut Angaben des Statistischen Bundesamts gab es im Jahr 2021 13.596 Mehrlingsgeburten in Deutschland. Mit 13.390 entfiel der Löwenanteil dieser Geburten auf Zwillinge, Drillinge wurden hingegen nur 202 mal geboren. Vierlinge werden in der Statistik unter "sonstige Mehrlingsgeburten" geführt – davon gab es im Jahre 2021 vier.
Bei Frauen, die älter als 35 Jahre alt sind und bereits ein Kind oder Mehrlinge geboren haben, ist die Wahrscheinlichkeit für eine (erneute) Mehrlingsschwangerschaft erhöht.
Wie kommt es zu einer Mehrlingsschwangerschaft?
Mehrlinge sind zwei oder mehr Kinder, die sich gleichzeitig entwickeln und kurz hintereinander zur Welt kommen. Bei Zwillingspaaren sind lediglich 30 Prozent eineiig. Das bedeutet, dass sie das gleiche Geschlecht und die gleiche Blutgruppe haben und sich äußerlich sehr ähnlich sehen. Während eineiige Zwillinge durch einen Zufall bei der Zellteilung entstehen, ist das Auftreten zweieiiger Zwillingen oft erblich bedingt.
Zwillingsschwangerschaft: Wie wird man mit Zwillingen schwanger?
Eineiige Zwillinge
Eineiige Zwillinge entstehen, wenn sich eine Eizelle nach der Befruchtung in zwei Zellkerne mit identischen Erbanlagen teilt. Erfolgt die Teilung innerhalb der ersten drei Tage, so nisten sich zwei Keimblasen in der Gebärmutterschleimhaut ein. Die Embryonen entwickeln sich nebeneinander, wobei jedes sich in seiner eigenen Frucht- und Chorionhöhle (diamnial und dichorial) befindet und über eine eigene Plazenta mit der Mutter verbunden ist.
Findet die Teilung der Eizelle erst nach dem vierten Tag statt, bilden sich nur ein Chorion und zwei Fruchthöhlen aus (monochorial und diamnial). Beide Kinder werden über dieselbe Plazenta (Mutterkuchen) versorgt. Bei etwa einer von 50 Schwangerschaften mit eineiigen Zwillingen mit gemeinsamer Plazenta und zwei getrennten Fruchthöhlen (monochorial-diamnial) kommt es zum Zwillingstransfusionssyndrom (fetofetales Transfusionssyndrom). Diese Komplikation muss behandelt werden, da sie beide Kinder gefährdet.
Eine Teilung nach dem achten Entwicklungstag hat zur Folge, dass sich beide Embryonen in derselben Chorion- und Fruchthöhle (monochorial und monoamnial) entwickeln. Auch sie werden über eine einzige Plazenta von der Mutter versorgt.
Wenn die Teilung erst nach dem 12. bis 14. Entwicklungstag erfolgt, entsteht eine besondere Form der eineiigen Zwillinge: siamesische Zwillinge. Hierbei handelt es sich um eine Fehlentwicklung, bei der beide Föten miteinander verbunden bleiben. Sie tritt bei etwa einer von insgesamt 45.000 Geburten auf.
Zweieiige Zwillinge
Zweieiige Zwillinge entstehen aus zwei Eizellen, die ungefähr zur gleichen Zeit heranreifen und befruchtet werden. Die Kinder können sich in gleichem Maße voneinander unterscheiden wie jedes andere Geschwisterpaar. Sie haben also auch nicht zwangsläufig das gleiche Geschlecht. Da bei einer In-Vitro-Fertilisation (IVF) in die Gebärmutter einer Frau jeweils mehrere befruchtete Eizellen eingesetzt werden, können hieraus Mehrlinge entstehen. Diese sind stets zweieiig.
Drillinge, Vierlinge, Mehrlinge
Mehrlingsschwangerschaften mit Drillingen, Vierlingen oder mehr Babys können aus verschiedenen Kombinationen eineiiger und zweieiiger Kinder bestehen.
Anzeichen für eine Zwillingsschwangerschaft: Wie erkennt man, dass man mit Zwillingen schwanger ist?
Merkt man, dass man Zwillinge erwartet? Diese Frage stellen sich viele schwangere Frauen. Zwar gibt es keine direkten Anzeichen für eine Zwillingsschwangerschaft, einige Hinweise können aber trotzdem auf Zwillinge deuten. So befindet sich bei einer Zwillingsschwangerschaft mehr hCG im Blut, was häufig auch zu früherer, stärkerer Übelkeit führt. Außerdem ist die Gewichtszunahme bei einer Schwangerschaft mit Zwillingen früher stärker. Es kann auch sein, dass die Gebärmutter bereits größer ist als es mit einem Einling in der jeweiligen Schwangerschaftswoche üblich wäre.
Schwanger mit Zwillingen: Wann erkennbar?
Eine Zwillings- oder andere Mehrlingsschwangerschaft wird meist bei der ersten Ultraschall-Untersuchung zwischen der 8. und 12. Schwangerschaftswoche festgestellt. In diesem Stadium der Schwangerschaft sind die Embryonen noch klein genug, um gleichzeitig im Bild dargestellt zu werden. Ärzt*innen nutzen diese Gelegenheit, um die Anzahl der Frucht- und Chorionhöhlen festzustellen. Es ist aber auch möglich, Zwillinge schon in der 6. oder 7. Schwangerschaftswoche festzustellen, wenn zwei Fruchthöhlen zu sehen sind. Leider kommt es in diesem frühen Stadium aber häufig vor, dass noch einer der Embryonen abgeht (Vanishing twin).
Wie verläuft eine Mehrlingsschwangerschaft?
Mehrlingsschwangerschaften werden von ärztlicher Seite als Risikoschwangerschaften eingestuft, weil der Schwangerschaftsverlauf für Mehrlinge gewisse Gefahren birgt. Für die werdende Mutter bedeutet eine Mehrlingsschwangerschaft eine wesentlich größere Belastung.
Welche Komplikationen können bei Zwillingsschwangerschaften auftreten?
Bei einer Mehrlingsschwangerschaft kommt es durch einen vorzeitigen Blasensprung oder eine Zervixinsuffizienz häufig zu einer Frühgeburt. Je mehr Kinder im Leib der Mutter heranwachsen, desto kürzer ist die durchschnittliche Schwangerschaftsdauer. Während die Schwangerschaft mit einem Einling durchschnittlich 267 Tage dauert, verkürzt sie sich bei Zwillingen auf etwa 262 Tage. Bei Drillingen ist die Mutter im Durchschnitt 247 Tage schwanger. Des Weiteren kann es bei Mehrlingsschwangerschaften zu
- Wachstumsverzögerungen,
- Fehlgeburten,
- Fehlbildungen,
- einem intrauterinen Fruchttod oder
- einer seltenen Durchblutungs- und Ernährungsstörung (fetofetales Transfusionssyndrom, FFTS) kommen. Das Risiko hierfür ist bei Zwillingen mit einer gemeinsamen Chorionhöhle (monochorisch) erhöht. Beim FFTS entwickelt sich ein Ungeborenes auf Kosten der anderen Kinder. Die Schwächeren bleiben in ihrer Entwicklung zurück.
Generell ist es für eine gesunde Entwicklung der Mehrlinge von großer Bedeutung, wie sie in der Gebärmutter versorgt werden. Beispielsweise ist es bei zwei Kindern am günstigsten, wenn jedes in einer eigenen Fruchthöhle heranwächst und jedes eine eigene Plazenta hat. Die ungünstigsten Voraussetzungen bestehen, wenn beide Kinder in einer Fruchthöhle heranwachsen und sich zusätzlich eine Plazenta teilen müssen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es während einer Mehrlingsschwangerschaft?
Ist eine Frau mit zwei oder mehr Babys schwanger, erhält sie eine besonders intensive medizinische Betreuung. Es werden beispielsweise die Vorsorgeuntersuchungen in einem kürzeren Abstand durchgeführt. So kann das Fachpersonal schnell eingreifen, sollte es bei der Mutter oder den Ungeborenen zu Komplikationen kommen.
Zeigt sich bei Kindern, die sich eine Plazenta teilen, dass sich eines erheblich schneller als seine Geschwister entwickelt, kann dieses Ungleichgewicht durch eine spezielle Behandlung ausgeglichen werden. Hierzu wird einem der Kinder im Mutterleib Blut abgenommen. Den anderen Kindern wird Blut zugeführt. Damit soll verhindert werden, dass die schwächeren Kinder zu stark in der Entwicklung zurück bleiben und Schaden nehmen.
Generell versucht man, eine Mehrlingsschwangerschaft so lange wie möglich zu erhalten, damit die Kinder weit entwickelt sind, wenn sie geboren werden. Oft lässt sich eine Geburt zu einem früheren Zeitpunkt allerdings nicht vermeiden. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn frühzeitig Wehen eintreten oder eines der Kinder nicht mehr ausreichend versorgt wird. Die Gabe von Medikamenten kann dann dabei helfen, die Lungen der Kinder schneller reifen zu lassen. So haben sie nach der Geburt weniger Schwierigkeiten mit ihrer Atmung.
Wie bei jeder Schwangerschaft sollten Frauen jegliche Medikamentenaufnahme vorher mit ihrer gynäkologischen Praxis abklären. Denn nicht jedes Medikament darf wegen seiner möglicherweise schädlichen Wirkung auf die Ungeborenen während der Schwangerschaft eingenommen werden.
Wann beginnt bei einer Zwillingsschwangerschaft der Mutterschutz?
Die Mutterschutzfrist beginnt bei Mehrlingsschwangerschaften sechs Wochen vor dem Entbindungstermin und endet zwölf Wochen nach der Entbindung.
Schwanger mit Zwillingen: Was erwartet dich bei der Geburt?
Mehrlingsgeburten werden als Risikogeburten eingestuft. Fachleute raten generell zur Klinikgeburt, damit das medizinische Personal rechtzeitig eingreifen und die Mutter sowie ihre Kinder intensiv betreuen kann, falls es zu Komplikationen kommen sollte. Das Risiko, zu früh zur Welt zu kommen, ist bei jedem Mehrling gegeben. So kommen etwa sieben Prozent der Zwillinge und 15 Prozent der Drillinge bereits vor der 30. Schwangerschaftswoche zur Welt. Eine Mehrlingsgeburt erfordert pro Kind im Kreißsaal die Anwesenheit von mindestens
- einem*einer erfahrenen Geburtshelfer*in,
- einer Fachperson für Neugeborenenmedizin (Neonatologie),
- einer Hebamme und
- einem*einer Kinderkrankenpfleger*in.
Falls es im Verlauf der Schwangerschaft zu Komplikationen oder Risiken für die Ungeborenen kommen sollte, raten Ärzt*innen etwa ab der 32. Schwangerschaftswoche zur Einleitung der Geburt oder einem Kaiserschnitt. Generell werden Drillinge, Vierlinge und weitere Mehrlinge in Deutschland immer per Kaiserschnitt geboren.
Natürliche Geburt bei Zwillingen häufig möglich
Zwillinge hingegen können bei guter Entwicklung ab der 33. Schwangerschaftswoche oft problemlos vaginal entbunden werden. Dabei rät geburtshilfliches Fachpersonal oft zur Schmerzbehandlung (Periduralanästhesie) während der Geburt, um bei entstehenden Komplikationen ohne Schmerzen für die Mutter zügig eingreifen zu können. Eine vaginale Entbindung ist am besten möglich, wenn beide Zwillinge in Schädellage liegen. Befinden sich hingegen beide Babys in Beckenendlage, wird der Mutter in der Regel zum Kaiserschnitt geraten. Die Beckenendlage ist bei Zwillingen sehr viel häufiger als beim Einling.
Zwischen den Geburten der Geschwister dürfen jeweils 20 bis 30 Minuten verstreichen. Eine Geburt von Mehrlingen wird oft mittels CTG (Kardiotokographie) überwacht. Dabei messen zwei Sensoren die Herztöne des Ungeborenen sowie die Wehen der Gebärenden.
Nach einer Mehrlingsgeburt kann es durch die besondere Beanspruchung der Gebärmutter länger als bei einer einfachen Geburt dauern, bis sie sich wieder zurückbildet. Daher werden Mütter nach Mehrlingsgeburten medikamentös gegen einen zu hohen Blutverlust behandelt.
Das solltest du wissen, wenn du mit Zwillingen schwanger bist
Frauen, die Zwillinge erwarten, sollten besonders auf sich achten. Durch das erhöhte Körpergewicht mit Mehrlingen besteht sowohl für die Beine als auch für die Wirbelsäule, die Muskulatur und das Bindegewebe eine erhöhte Belastung. Es treten vermehrt Schwangerschaftsbeschwerden auf wie
- Rückenschmerzen
- Verstopfungen
- Blutarmut (Anämie)
- Blutstauung in den Beinen und vermehrte Bildung von Krampfadern
- Bluthochdruck
- Zwerchfellhochstand, was zu Herzbeschwerden und Atemnot führen kann
- Schlaflosigkeit
Körperliche Schonung vor allem im letzten Drittel
Bei Mehrlingsschwangerschaften gilt besonders für das letzte Trimester (Schwangerschaftsdrittel): Bitte vermeide körperliche Anstrengung und unnötigen Stress – denn diese begünstigen vorzeitige Wehen.
Problemen während einer Mehrlingsschwangerschaft vorbeugen
Der besonderen körperlichen Belastung und den Schwangerschaftsbeschwerden begegnen manche Frauen erfolgreich mit Entspannungsübungen wie Yoga, Atemarbeit, Autogenem Training oder mit Akupunktur.
Die Haut kann sich bei Mehrlingsschwangerschaften besonders stark dehnen und Risse bilden. Daher empfiehlt es sich, rechtzeitig besonders beanspruchte Körperstellen wie Hüfte, Brüste und Bauch mit Ölen zu massieren, die das Bindegewebe elastisch werden lassen und Schwangerschaftsstreifen vorbeugen können.
Mehr noch als bei einfachen Geburten sollten Schwangere mit Mehrlingen auf eine ausgewogene Ernährung achten und zusätzlich Eisen, Jod und Kalziumpräparate einnehmen. Es ist ebenfalls wichtig, ausreichende Mengen zu trinken.
Was steht Frauen zu, die mit Zwillingen schwanger sind?
Werdende Eltern von Zwillingen sollten sich frühzeitig bei der Elterngeldstelle über ihren Anspruch auf finanzielle Förderung informieren. Familien, die sich in besonderen Notlagen befinden, können sich bei Schwangerschaftsberatungsstellen dazu beraten lassen, welche Unterstützungen sie zusätzlich erhalten können.
Da Zwillinge und Drillinge eine größere finanzielle Belastung darstellen, kann auch der Erfahrungsaustausch mit anderen Mehlingseltern sinnvoll sein – zum Beispiel, um günstige Angebote für die Babyausstattung empfohlen zu bekommen.